(Geheimnis: Rie hatte viele Gründe um Reaver zu folgen, einer der wichtigsten war die Reue ihre Schwester 10.000 Jahre lang im Eis eingesperrt zu haben, etwas, was sie sich nie vergeben hat. Als Atlas nun sagte, dass er hier sei um ihre Fehler gut zu machen, hat er eine größere Lawine ausgelöst, als ich persönlich zu diesem Zeitpunkt erwartet hätte.)
Ich kümmere mich darum, dass waren genau die Worte, auf die Reika gewartet hatte. Der ganze Rest war zurückgedrängt worden. Sie umarmte Rasu schnell, ein „Danke“ von sich gebend, ehe sie sich entgültig löste von ihrer Freundin, das Hemd packte und in Richtung Tür stürmte.
Öffnen, durchgehen, hinter sich schließen.
Den Blick hatte sie gesenkt, atmete nocheinmal tief durch, bevor sie die Tür entgültig schloss und wieder weiter wollte. In diesen Moment, färbte sich die Halle schwarz und für diese eine Sekunde starrte sie in die Augen dieses Etwas.
Seine Haut war von dunkelgrünen Schuppen abgedeckt. Der Kopf und von dort den Rücken und die Arme hinunter liefen orange Muster, in einem vollkommenem Wirrwarr welches erst nach einiger Betrachtung ein klares Bild ergab. Seine feurigen orangen Augen starrten geradezu in Reikas' Seele.
Ansonsten wirkte das Ding elegant. Es hatte feine Züge, lange Gliedmaßen, große Ohren und Augen. Zwei Hörner, wie zwei Äste mit Ranken um ihnen gingen vom Kopf aus hoch. Der lange Schweif, welcher in einer Art Sichel endete und die beiden Hufen gaben dem Ding etwas diabolisches.
Es lächelte das Mädchen an und dann war der Moment vorbei, das Ding verschwunden und Reika stand wieder in dem Gang, das Gefühl des klammen Fells zwischen ihren Beinen komplett ignorierend.
Sie wusste jedoch, was diese Erscheinung bedeutete.
„Er wird bald hier sein.“
Reika seufzte. Dieser 'Schlafwandler' würde kommen und nichts würde ihn aufhalten. Nur ob es ein Kampf werden würde, konnte Reika nicht einschätzen. Sie hoffte auf letzteres.
„Und jetzt passiert alles aufeinmal,“ sagte sie zu sich selbst, geradezu etwas enttäuscht.
Auch wenn das Mädchen eigentlich hoffen wollte, es war zuviel und sie hätte am liebsten einfach mal einen Moment zum nachdenken.
Einen sehr langen Moment.
Sie ging los und versuchte sich zu beruhigen. Rasus Gleichgültigkeit hatte sie ziemlich überrascht. Die Fischkatze fasste sich an den Bauch, irgendwie enttäuscht. Als ob Reika sowas zum Spaß machen würde, als ob es vollkommen natürlich war.
Bettnässen war eine Sache, da war Reika vorbelastet, das konnte sie akzeptieren, aber DAS? Sowas passierte nicht einfach so und dann diese sofortige Akzeptanz. Kein Schock, keine Sorgen.
Es war als hätte Rasu sie einfach ignoriert.
…
Einfach ignoriert.
Die Erinnerung an Brima stieg ihr in den Kopf und sie hielt einen Moment inne.
Er war tot.
„In vier Wochen werden wir sterben, oder?“
Sie ballte die Fäuste, als Rasus Worte ihr durch den Kopf gingen. Wieder, als ob es kein Problem wäre, als ob sie das gemeinsam einfach durchstehen könnten.
'Immerhin wären sie ja zu zweit'.
Reika fühlte sich mies bei diesen Gedanken. Sie hatte keine Ahnung was mit Rasu passiert war, was mit ihr selbst vorging, was dieser „Schlafwandler“ tun würde und...
welche Richtung sie gehen müsste.
Es geriet schon wieder alles in Zweifel, so sehr, dass es anfing in ihrem Kopf, in ihrem Herz zu schmerzen.
Sie hatte soviel gehört in den letzten Wochen, jetzt kamen ihr all die negativ aufgefassten Kommentare in den Sinn.
Sei es Burrow's Aussage, dass keine Person alleine im Stande ist die Welt zu retten oder die Aussage der Schwänin Wither, an diesem Ort zu stehen um zu sehen wie alles in Hoffnungslosigkeit versinkt.
Erinnerungen an das was vorher war, an das was dieses Abenteuer gebracht hatte. Sie zeichnete sich eine schwarze Zukunft ab und irgendwie fühlte sie sich alleine in diesen Moment. Da war niemand, der ihr einige Steine von der Schulter entfernen konnte.
Die einzige Möglichkeit das zu tun war, Rasu und selbst diese 'Sache' hatte einen schlechten Beigeschmack, denn Reika fühlte langsam das Gewicht, was sich über all die Jahre aufgebaut hatte.
Stress, Ängste, Sehnsucht, Trauer, Wut, Hass.
Sie hatte all das einfach zurückgelassen.
Und Mia war nicht hier um ihr zu helfen. Mia, IHRE Mia hatte wahrscheinlich ein Grab von Brima bekommen.
Sie lehnte sich an die Wand.
Auf der einen Seite wollte sie sich bei jemanden ankuscheln, auf der anderen wusste sie, dass das die Vergangenheit nicht zurückbringen würde.
Da war Stress, Angst, Trauer, Wut, Hass und vor allem Sehnsucht.
Stress, weil sie über all die Jahre immer für andere gelebt hatte. Ganz wie Lightning es damals gesagt hatte, wenn sie Ray City nicht beschützen könne, würde sie sterben.
Angst, weil sie nicht verstand, was gerade mit Rasu passierte und mit ihr selbst, und weil sie nicht wusste, was noch kommen würde.
Trauer, weil sie soviele Freunde und Bekannte, sowie ihre geliebten Brüder und ihren Vater veloren hatte.
Wut, weil Rasu sie nicht ernst genommen hatte. Die Situation einfach abgetan hatte.
Hass auf sich selbst
…
weil sie unfähig gewesen war im richtigen Moment aufzustehen.
Der orange Igel...Bash...
Ihre Augen weiteten sich, ihre Fäuste ballten sich noch fester, Adern zeichneten sich ab, auch wenn das Fell sie gut verdeckte.
Hass, auf Bash, wer auch immer er war und was auch immer ihn an diesen Ort getrieben hatte, denn er hatte diese Ereigniskette aus Reikas Sicht losgelöst.
Hass, auf das „Schicksal“, nicht weil es sie zu verfolgen schien, sondern weil alle alles damit abtaten 'Das ist Schicksal', 'Das ist so bestimmt'. Sie begann in diesen Momenten, wo sie einfach nur auf dem Gang stand dieses Ding mit einer Passion zu hassen. Nichtmal das Schicksal selbst, sondern alle, seien es Sanguin, Nine oder sonstwer, die sich dahinter versteckt hatten und dann einfach verschwanden kaum das eine Niederlage vollstreckt war.
Sie hatte keinen der beiden mehr gesehen. Anstelle von ihnen waren Aras und seine Gruppe da. Aras hatte 'schicksal' nie erwähnt, er schien nur seinen Weg zu gehen, genau wie Reika es tun wollte.
Genau wie damals.
Sehnsucht, denn sie sah in diesen Moment etwas, wie eine Vision, ein Traum. Nach einer langen Nacht einfach aufwachen, rausgehen, schelmisch von den Brüdern begrüßt werden, ein müdes Lächeln von ihrem Vater entgegennehmend.
Reika stand dort mitten im Gang als sie sich diesen einen Moment nahm den sie brauchte um sich zu sortieren.
Sie erinnerte sich an die Halle der Ritter. Im Prinzip hatte sie Reaver immer dann rausgeholt, wenn die Situation bremslig geworden war.
Als sie im Tempel von Midas nur noch nach vorne ging, ohne Sinn und ohne Grund. Ohne Verständnis was sie machen sollte.
Als sie wohl kurz davor waren von diesen 'Bash' umgebracht worden zu werden. Dort hatte diese Stimme etwas gesagt, aber Reika hatte sie sofort verdrängt, vergessen. Sie war unwichtig, nur einmal aufgetaucht und dann niewieder.
"ICH bestimme über mein eigenes Leben! Ich bestimme darüber, was ich mache! Nicht du! NIEMAND!"
Das waren Rasus Worte auf die Aufzählung gewesen, wer sich noch alles in einen Kampf in Shangri-La eingemischt hätte. Reika kannte Aki, sie war auch eine Person, die das Schützte, was ihr wichtig war und sie wusste, Aki schützte somit jedes leben was vor ihr war.
Hass...auf Rasu?
Ein wenig...
Denn im Prinzip hatte ihre Freundin, ihre Liebe das eigene Überleben über das anderer gestellt, etwas, was für Reika nie in Frage kommen würde.
Ihr Blick senkte sich in Trauer und sie ging weiter. Ihre Beine fühlten sich schlapper an, irgendwie hatte dieser eine Moment seine geplante Wirkung vollkommen verfehlt.
Und dort in der Ferne.
Näherte sich das Schicksal.
Mit großen Schritten.
Reika erreichte dann schließlich die Rezeption des Krankenhauses, wo die werten Schwestern der Spätschicht gerade über eine gewisse Echsen-dame, die sich durchgängig wegen Nichtigkeiten einweisen ließ, wohl in der Absicht, einen bestimmten Arzt zu sehen.
Reika hatte die paar Meter ihre deprimierenden Gedankengänge fortgeführt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass sie kurz davor war mit heulen anzufangen.
Nur um uns das Bild zu verdeutlichen. Wir haben jetzt eine Gruppe aus 4 Schwestern, ein Chamäleon, eine Gazelle und zwei Wölfininnen(dingenskirchens), alle mit unterschiedlichem Erfahrungsgrad.
Dann haben wir da ein 15-jähriges Mädchen, die bereits wässrige Augen hat und naja, sagen wir, man kann gut sehen, dass das Mädchen einen Unfall hatte.
Was auf das „Ähm,“ von Reikas Seite folgte ist psychologisch mit dem Kindchenschema zu erklären. Mobianer werden von vielen Menschen als 'süß' bezeichnet und wahrscheinlich wollen gaanz viele Frauen den großen Helden Sonic auch einfach mal durchknuddeln (Igel sind aber auch kuschelig). Große Augen, großer, runder Kopf und dann sind es auch noch Tiere, so mit flauschigem Fell und so. Diese 'super-niedliche' Natur der Mobianer kann in einigen Situationen helfen, in anderen nicht.
Was auf das „Ähm,“ von Reika folgten war eine Aneinanderreihung von Reaktionen.
1.Die vier Köpfe drehten sich zu ihr, doch schon leicht von der Spätschicht mitgenommen.
2.Die vier musterten die Fischkatze, deren äußeres man ja nicht mehr beschreiben muss.
3.„Awwwww!“
Japp, in dieser Situation half es nicht 'süß' auszusehen, denn das erste was auf depression folgte, war Scham, was dem unterdrücken der Tränen nicht wirklich half.
Aber was positiv war, dass sich die Ausdrücke in dem Moment änderten wo die Leute erkannten, dass sie vom 'Doc' oder für die Schwesternschaft 'Chef Doc' abstammte. Die Haarfarbe war hier ein ausschlaggebendes Kennzeichen.
In dem Moment wussten sich auch, was das Problem war und auch, dass wenn sie dem Mädchen probleme machten, es sehr wahrscheinlich stress mit der Mutter gab, die den vier letzte Woche noch eine Standpauke darüber gehalten hatte, wie man mit Patienten umgeht.
Das wiederrum sorgte dafür das Reika sofort mit Vorschlägen beworfen wurde.
Diese enthielten die Anweisungen, „Geh einfach in das Zimmer zurück wo du vorher drinnen warst.“
„Ja, genau das“
und Reikas persönlichen 'Favoriten':
„Entsprechende inkontinenzhosen liegen dort im Schrank.“
Sie ging also wieder in Richtung des Krankenzimmers in dem sie schon vorher war.
Was die vier Damen anging, ihr Thema wechselte schnell von der Echsen-dame. Kurz wurde das Thema 'niedliche Fischkatze von eben' angeschnitten, dann ging es auch schon darüber wie es denn so mit den Kleinen in der Verwandschaft aussah.
Reika, die bewegte sich tatsächlich mit langsamen Schritten auf das Krankenzimmer zu.
Das Mädchen betrat das Zimmer hinter sich, die Lampen waren ausgestellt, kein Geräusch war zu vernehmen. Nichts auffälliges, bis zu dem Punkt wo sie die Tür schloss.
Dann, als sie den Raum erneut erblickte, hatte sich eine undurchdringbare Finsternis im Raum ausgebreitet. Sie konnte noch knapp den Anfang des nächsten Bettes sehen, aber alles was hinter diesen 5 Metern war, war nur reinste Schwärze.
Die Stille war gruselig.
Sie schaute für einen Moment in die Dunkelheit, es war ein komisches Gefühl. Ein Gefühl was sie veranlasste, die eine Frage zu stellen, die einem wohl am meisten Sicherheit geben würde.
„Ist da wer?“
Eine Antwort erwartete sie nicht, nur, dass ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen würden. Entsprechend plötzlich kam es, als ein Huf aus der Finsternis trat und darauf ein schwarz-befelltes Bein folgte und darauf sich dann das gesamte Tier zeigte.
Es hatte dieselben Züge wie das Ding in der Vision, nur, dass dieses hier schwarzes Fell hatte, silberne Augen und die Muster in der Dunkelheit nicht sichtbar waren, und hätte Reika sie erkannt, so wären sie auch nur Schwarz gewesen, doch in einer Form, in der eine Art Rauch von ihnen ausging.
Es schaute sie an und Reika hätte von sich aus erwartet Angst zu haben. Aber genau wie die Präsenz des Maleficiums Übelkeit und Furcht erzeugte, sorgte die Existenz dieses Wesens für ein anderes Gefühl, eine Neugierde, ein aufkommen von Fragen.
„W-Wer bist du?“ sie hatte wusste nicht was es war und warum es erschienen war, doch die Antwort kam und erklärte.
„Und so zerfleischten wir uns in einem Krieg ohne Grund und Sinn,“ die Stimme klang finster und voller Abscheu.
„Wir, die wir erschaffen hatten. Wir, die wir als Götter über den einfachen Wesen standen. Nur ich und zwei andere erkannten die Falschheit unseres Weges und jeder suchte seinen Weg zum Frieden. Während sich alle den falschen Idealen und Träumen hingaben suchte ich den Ort, wo wahrer Friede herrschte.“
Reika schaute dieses Ding an, während es sich vorstellte, diesen 'Gott' und versuchte einen Sinn rauszubekommen aus seinen Worten, fand jedoch keinen.
„Und doch fand ich in der Ewigkeit des Dunkelheit nur das Nichts und auch mein Wunsch war nur ein utopischer Gedanke, ohne Sinn, ohne Grund. Wie die anderen zwei zog ich ins Exil hinaus und schlief, bis ich erweckt wurde. Ich bin nur von dem Wunsch getrieben, einen zweiten Krieg zu verhindern. Ich, bin der Gott, der in die Dunkelheit zog und von ihr verschlungen wurde.
Ich bin Tenebrae und Bruder des Maleficiums, das du zu jagen gesuchst.“
Ein Krieg, vielleicht meinte er die Rebellion die Reaver vorhin angesprochen hatte. Das, was also vor ihr Stand, war einer der Altväter, sie fühlte seine Macht komischerweise nicht und die Dunkelheit konnte sie auch nicht beurteilen, da sie Darkness, wie bereits gesagt, nie gesehen hatte. Sie schaute Tenebrae an und fragte dann: „Und was willst du von mir?“
„Zeit und Raum wurden gebogen und gebrochen, Dinge haben sich verändert, Orte, Personen. Die Füchsin, die an deiner Seite gekämpft hat, die geblieben war, wusste nicht von dem Ausmaß ihrer Taten, da es unmöglich war sicherzugehen ob du gestorben warst, da es nur zwei Wege nach Askeron gibt. Den ersten konnte sie nicht betreten, auch nicht Enerjak oder einer der anderen Mächtigen dieser Welt, und der zweite hätte bedeutet, dass sie sich dem Maleficium hätte hingeben müssen. Sie wusste nicht von den Entscheidungen die gefällt worden waren, davon, dass sie nur lebt, weil ihr euch getrennt hattet.
Es ist eine große Chronik, doch sie ist erloschen, wie ihre Zeitebene und nur die Erinnerungen einer Person verbleiben.
Diese Erinnerungen sind Pein und Schmerz, das Leben unter einem finsteren Himmel, das Fehlen ihrer einen Stütze, die sie akzeptieren konnte. Sie sehnte sich nach einer glücklicheren Zeit, nach einer Sonne. Nach Frieden.
Wir suchen alle Frieden und am Ende finden wir nur die Dunkelheit und ihre Einflüsterungen, dass nur in Tod und Nichts die Wahrheit zu finden ist. So fand auch sie, dass ihr Herz der Dunkelheit gewidmet war,“ seine Worte verklangen in der Stille des Raumes während Reika versuchte zu erfassen, worauf er hinaus wollte.
„Ich stelle nicht die These, auf, dass du ihr nicht vertrauen kannst. Stattdessen bin ich hier als Diener der gekommenen Veränderung, meine Erfahrungen an dich weiterzugeben, denn wenn du jetzt gegen die Puppe meines Bruders ziehst, wirst du sterben.“
„Halt! Puppe deines Bruders?“ unterbrach Reika. Sie hatte eine gewisse Ahnung was er meinte, aber...
„Der Schlafwandler dient dem Narren, der glaubt, das Schicksal der Wesen in den Händen zu halten und damit eine der schönsten Melodien zu spielen.
Deine Freundin will dir in diesem Kampf beistehen, doch ihr Herz unterliegt dem Nichts.
Die großen eurer Welt: Casa Nova, der Anführer der Gruppe, die ihr als ACE kennt. Havoc, der grüne Igel der euch zweimal überfiel und Darkness, dessen friedliche Verkörperung, Dark, du gesehen hast. Sie alle fielen unter das Lehensrechts des Maleficiums ohne es zu merken. Weder die Gravitation, die ganze Welten zerdrücken kann, das Anti-chaos, was selbst sie unterbinden kann, oder die Dunkelheit, die alles zu verschlingen vermag, können nunmehr was gegen das Maleficium ausrichten und sollte sie an deiner Seite gegen meinen Bruder treten...
Wird auch sie nur ein Schlafwandler, dessen einzige Erlösung sie durch die Hand ihrer Liebe oder eines Freundes gefunden werden kann.“
Die Fischkatze stotterte kurz etwas, doch wirkliche Worte, fand sie nicht. Rasu würde...
Eine Puppe meines Bruders, sie konnte eins und eins zusammenfügen. Es schien als ob die Präsenz von Tenebrae ihre Denkprozesse antreiben würde. Der Schlafwandler war also wahrscheinlich eine Art Puppe, ein Wesen welches von einem dieser 'Altväter' kontrolliert worden war.
„Du meinst sie muss doch hier bleiben, jetzt obwohl sie ihren Frieden gefunden hat?“
„Ihr Friede ist eine von der Dunkelheit geschenkte Illusion, der sie sich hingegeben hat. Sie ist eine Person, die zwanzig Jahre lang nur ihre Vergangenheit jagte, während du versuchtest an den Rändern der Wirklichkeit und in den Abgründen des Nichts, doch noch das Herz des Maleficiums wieder einzukerkern. Ihr einziger Friede lag in der Dunkelheit und das ist kein wahrer Friede. Und doch wird ihr Verbleiben hier nichts lösen, so wird doch nur der selbe Fall eintreten wie in dessen, was für sie die 'ursprüngliche' Zeit ist.
Wenn sie vor meine Brüder tritt, wird sie nichts weiter als ein Spielball der für ihren neuen Krieg rollen muss. Sie ist kein Ritter meiner Schwester, Beneficium mehr, somit ist die Wichtigkeit ihrer Rolle ohnehin abhanden kommen und ihre Sicherheit gefährdet.
Selbst jetzt, in diesen Moment, dürfte sie fühlen, dass eine weitere Dunkelheit, mein Nichts, vor dir steht und im Gegensatz zu dir, der du ein erwählter Ritter bist, kann ein normaler Sterblicher nicht in meiner Gegenwart stehen.
Ich bin weder der Ursprung, noch der erste Träger der Dunkelheit, doch als sie mich verschlang, fasste sie, dass der Corpus, den ich besaß, mehr ihres Ausmaßes fassen konnte, als jeder Sterbliche und als jede seiner Ideen und Träume. Und wenn schon die Präsenz eines kurz aufgewachten meiner Art die Seele aus dem Leib einer Person zu reißen vermag, was glaubst du wird sie am Ende dieses Pfades erwarten.“
Reika schaute ihn an.
„Aber die Dunkelheit ist eine finstere Kraft. Du willst mir erzählen, dass Rasu, ausgerechnet Rasu eine Art 'böse Energie',“ sie machte einige ausgefallene Handbewegungen um die Lächerlichkeit und das böse zu unterstreichen, „in sich drinnen hat?“
„Das Symbol, dass du dem Dunkeln gibst vermag in seinen Ansätzen richtig zu sein und auch am Ende verbleiben nur Zerstörung und Tod.
Doch sie zerstörte eine Zeit und schuf sich selbst in einer früheren. Sie ist von einer kindlichen Selbstsucht getrieben.Auch du, deine Freunde, alle eurer Spezies sind davon betroffen. Deshalb verbleibt Friede eine Utopie.
Sie ist nicht das Mädchen, sie ist nicht diese zwölfjährige die du kanntest, sondern ein Kind welches gerade geboren wurde. Es liegt wahrscheinlich an dir, sie zu formen, doch auch die Dunkelheit in ihr wird über ihre Verdammnis oder ihren Aufstieg entscheiden. Ihre Rolle in diesem Krieg wird eine Geringe sein, doch ist sie nur einer der Vorboten in dieser Welt, denn Dinge nähern sich dieser Welt und wenn sie nicht gerettet wird, wird nur Nichts verbleiben.“
Er schien sie zu mustern, doch seine Gestalt hätte noch Aras um ein zwei Köpfe überragt, und der geflügelte Fuchs zeichnete sich dadurch aus, für einen füchsischen Mobianer doch sehr groß zu sein. Sie überlegte, dachte über seine Worte nach.
„Ist sie wirklich nicht die Rasu, mit der ich das alles durchgestanden habe.“
„Sie ist zwei, zu eins geworden. Ihr Streben nach einer Lösung, die Dunkelheit in ihr, die typische Unfähigkeit von euch Kindern zu erfassen, dass alles ließ sie zu dem werden was sie jetzt ist.
Ob sie die ist, die du liebst, kannst nur du entscheiden, denn nur dein Herz sollte im Stande sein, dort die Differenz zu erkennen.“
Rasu, aus der Zukunft. Die violette Füchsin.
Rasu, aus der Gegenwart. Sie hatte sie zuletzt gesehen als sie aufgewacht war.
Rasu, jetzt.
Sie verstand es nicht.
„Dein Herz birgt nicht die Macht, Maleficium zu vernichten, doch es alleine kann sich selbst vor Imperialis behaupten. Konfontriere, dass, was du anzweifelst. Ringe darum, den Glauben wiederzufinden, der dich dazu brachte nach vorne zu gehen.
Reika Doai.
Weder Beneficium, Imperialis, ich, Reaver, Rasu oder Aras sind im Stande die Geschichte zu verändern. Du bist eine der drei Seelen die dies können. Eine von zwei erwachten.
Wenn du diese eine andere Seele findest die die selbe Kraft verfügst wie du, suche das Ende in der Hölle, die wir Hyperion nennen auf.
Es ist dein Herz, was zwischen der Verdammnis des Nichts und dem Fluss in die Zukunft steht. Auch wenn dein Leben bis zu diesen Punkt nur in eine Richtung ging, so wisse, dass am Anfang dieser langen Nacht schon dein Name nicht für ein Totenlied, sondern für eine Blume stand, die nie verwelken soll.“
Mit den letzten Sätzen verschwand er mehr und mehr in die Dunkelheit ,welche sich ebenfalls zurückzog.
Am Ende stand Reika alleine im Krankenzimmer und mit einem knacken elektrischer Art gingen dann die Lichter an.
Ihr Blick war in die Leere gerichtet.
Zuerst, seine letzten Worte, ihre Bedeutung. Auf Reikas Gesicht zeichnete sich erst schreck ab, dann sank ihr Blick zu Boden.
Konfontriere, das, was du anzweifelst.
Sie lächelte.
„Wie blöd bin ich eigentlich.“
Eine Lösung hatte natürlich direkt vor ihr gelegen. Und es hatte einen Fremden gebraucht um es ihr begreiflich zu machen. Sie wusste nicht warum Tenebrae von ihr wusste, was er wirklich gemeint hatte, aber das zählte nicht für sie. Sie musste nur all die Leute um sich herum beschützen und erretten.
Tränen rollten ihre Wangen hinab, sie beugte sich nach vorne, ein Kichern entwich ihr. Stärker werdend, lauter.
All die Sorgen, verflogen. Die Ängste, die Zweifel.
Hier, in diesen Moment, lachte Reika auf. In diesem Jetzt flog eine einzelne Sternenschnuppe über den Sternenhimmel. Ein kleines Licht unter vielen, doch wievielen es eine Hoffnung schenkte, verbleibt ungezählt.
Reika benötigte einen Moment, ehe sie auf das Bett schaute wo sie vorhin gelegen hatte.
Daneben im Nachtschrank lagen Windeln, Rechteck-vorlagen, Pants, zusammen mit einem Zettel, auf den genau draufstand was für was war.
Sie hatte das Handtuch nicht mitgenommen, aber wie der Zufall es so wollte lagen solche auch noch im Nachttisch.
Da lag Kleidung auf dem Bett, gut zusammengefaltet.
Reika lächelte, sie verstand nicht ganz, aber...wenn die Sonne aufgehen würde, so war sie sich sicher, wollte sie einige Dinge geklärt haben.
…
Ihr gefielen Pants besser als Windeln. Weil sie echter Unterwäsche in aussehen und Bequemlichkeit näher kamen und auch die Praktikabilität grandios war. Und bitte, einfaches an- und aussziehen im Vergleich zu langen 'Wechsel'-Prozessen war doch ebenfalls ein Wunder der Wissenschaft.
So konnte sie zudem draußen rumrennen ohne Angst haben zu müssen, dass sie durch einen größeren Hintern, rascheln und dergleichen auffallen würde.
Die Kleidung beeindruckte sie.
Reika hatte seit ihrer Kindheit einige große Faibles gehabt. Eines davon involvierte 'R'-Namen, das wurde bereits erwähnt.
Ein anderes Faible war Winter gewesen. Tannen, Schnee, die Farbenpracht. Die wenigsten wussten davon, denn sie kannten Reika nur in Rot oder in Ausnahmefällen blau. Ihr Winterfaible hätte sie gerne in der Kleidung zum Ausdruck gebracht, doch waren Schneesterne sehr unpassend in der Wüste gewesen.
Sie hatte nur einer Person mal ganz begeistert davon erzählt, dass sie ski-fahren lernen wollte.
Damals war sie Vier gewesen.
Die Hose gefiel ihr auf den ersten Blick. Sie war weiß, mit dunkelgrünen Taschen und silbernen Knöpfen. Sie fühlte sich gut, leicht in Reikas Händen an, war nicht zu weit und nicht zu eng geschnitten. Perfekt für eine Wanderschaft.
Sie stulpte sie über ihre Unterwäsche, wobei sie doch schon noch das Polster fühlte, aber nicht so extrem wie bei einer 'echten' Windel und machte die Knöpfe zu.
Ganz passen wollte es nicht.
Da lagen noch ein Gürtel. Dieser zeichnete sich durch seine schmucklose schwarze Farbe und seine silberne Schnalle aus. Reika machte ihn um die Gürtel und schon passte sie wie angegossen.
Dann zog sie endlich das Engelshemdchen aus.
Der BH, schmucklos, nichts besonderes. Reika hatte sich ohnehin nie Sorgen umsowas gemacht, auch, dass sie schon fast keinen bräuchte, naja, wer machte sich schon Gedanken um den Brustumfa-
Waren Rasus größer als ihre?
Schnell vertrieb sie den Gedanken und wendete sich dem nächsten Ding zu.
Ein Hemd. Das war schwarz und hatte einen hohen Kragen, welcher wiederrum einen weißen Rand aufwies. Sie zog es über ihren Kopf, es saß auch gut, nicht sehr körperbetonend, aber das war ja nichts schlechtes.
Falls sie jemals Ego-probleme haben würde, könnte sie das mit weiter Kleidung ausdenken.
Als letztes lag auf dem Bett noch eine tannengrüne Weste.
Sie hatte bisher noch nie eine Tanne gesehen, doch die Färbung. Sie musste lächeln.
Wer auch immer das hierhin gelegt hatte, er wusste wie man ein Mädchen glücklich machte.
Richtig, mit Klamotten.
Die Weste, war wie erwähnt Tannengrün mit einem schwarzen Reißverschluss. Auf beiden Seiten hatte sie jeweils eine Brusttasche.
Sie stulpte die Weste über das Hemd. Leider war kein Spiegel da, aber immerhin roch man nichts.
Jaha, Wunder der Textilindustrie.
Da lag noch ein paar Socken.
Auf denen ein Zettel lag.
'Alles gute vorträglich und falls du dann losziehst, komm sicher Heim,' stand darauf
Es war mit Computer geschrieben und wäre Tenebrae nicht aufgetaucht hätte sie nichtmal geahnt von wem es gekommen wäre.
Eine Blume, so konnte man ihren Namen auch schreiben, das Mädchen lächelte, als sie sich auf das Bett setzte und die Socken entfaltete.
Schwarz, unter den Teil, der die Fußgelenke abdeckte gestreift, darüber Schneeflocken, jeweils auf der Außenseite eine Sternenschnuppe und dazu noch auf der Front eine Tanne.
Sie fühlten sich nicht gerad an wie eine Massenproduktion.
Die Tränen mochten nach dem Lachanfall aufgehört haben, doch nun rollten sie wieder.
Nachdem sie in einem Moment vollkommen der Verzweiflung und Verwirrung entgegensteuerte...
Okay, verwirrt war sie immernoch, aber immerhin glücklicher.
Sie hatte solche 'Fantasie-Socken' damals dieser Person vorgetragen, sie wollte sowas zum Geburtstag. Nichts extravagantes, Socken mit Winter-motiven.
Sie stülpte sie über und genoss den Moment, „und jetzt...ein Sockenfetisch,“ scherzte sie mit sich selbst und suchte dann nach ihren Schuhen.
Sie hatte zwar keine mitgenommen, aber wie gesagt, die Person wusste wie man ein Mädchen glücklich macht.
Klamotten und Schuhe.
Auch wenn es in diesem Fall nur ein Paar war.
Zwei Wanderschuhe mit türkisen Sohlen mit hellblauen Material, weißen Rändern und Tannengrünen Schnürsenkeln.
Das Bild war komplett.
Als sie sich fertig angezogen hatte, hätte sie sich am liebsten in einem Spiegel betrachtet. Das hatte sie so noch nicht bei Kleidung gehabt, aber, sie wusste, dass der Schlafwandler kam und sie jetzt war sie gefestigt.
Denn dort in der Ferne wartete nur die Sonne darauf, aufzugehen.