Rasus Kommentare halfen nicht, dass Reika weniger rot and den eigentlich weißbefellten Stellen des Gesichtes wurde, eher das Gegenteil. Doch versuchte sie sich zu fassen und atmete einmal tief durch. Das Mädchen fasste nochmal im Kopf die Situation für sich zusammen.
Sie saß gewickelt neben Rasu, ebenfalls in diesem Umstand, weil sie ein Problem hatte, Rasu, weil sie ihr helfen wollte.
Wie komisch das klang. Eine 15-jährige und eine 12-jährige, gewindelt. Sie hätte den Erfinder des Wortes 'Windel' umbringen könnte, einfach weil die Assoziationskette fest in ihrem Kopf verankert war.
Sie brauchte ein passenderes Wort und die Verpackung kam ihr da geradegelegen. 'Inkontinenz-Slips', die Problemlösung. Auch wenn sie mit dem ersten Wort dieses Namens nicht wirklich was anfangen konnte.
Sie beließ es erstmal dabei und schaute die Füchsin an. Die Fischkatze stellte fest, dass diese sich etwas unnatürlich darüber freute, wie süß ihre Freundin war. Reika konnte das feststellen, irgendwie. Sie glaubte jedoch, dass es sich dabei um 'weibliche Intuition' handeln könnte. Manchmal konnte man es nur mit einem 'Yay' bezeichnen, dass man zu dem Geschlecht gehörte zu dem man gehörte.
Auf der anderen Seite der unnatürlichkeit hinter Rasus lachen erinnerte sich Reika an die Worte von vor einigen Stunden.
'Ich mag das irgendwie...'
Kein Wunder, dass Rasu mit der Situation so gut umging. Die Katze stellte für sich fest, irgendwie selber Interesse an der momentanen Situation entwickelt zu haben. Bei den Gründen konnte sie höchstens einige 'vielleichts' und 'unwahrscheinlicherweise' aufzählen. Das hing aber damit zusammen, das ihr Ego so ziemlich alles mit einer Breitaxt zerkloppte, was nicht in ihr Weltbild passte.
Ah, die Jugend.
Rasus Worte waren nicht wirklich hilfreich.
Dies hätte man auch in Verbindung mit besagtem geknister verbringen können. Für Reika klang es nämlich so als ob die Welt zuhören würde. Wer wüsste schon ob die Wände Ohren hätten oder nicht.
Okay, ab diesem Moment wurde es doch leicht schizophren, beziehungsweise Paranoid.
Ein Symbol, sie kam auf den Gedanken zurück, als Rasu an sie rangerückt war. Die Slips - Reika stellte für sich fest, wieviel 'erwachsener' dieses Wort im Vergleich zum von Rasu verwendeten Begriff war - sowie das Wickeln waren also ein Symbol.
Reika lehnte sich ein wenig mehr an Rasu an, legte ihren Kopf an, naja, aufgrund des Größenunterschiedes fast auf, den ihrer Liebe.
Sie schloss ihre Augen, ihr Schwanz wedelte. Ihr war es bisher nicht aufgefallen, aber irgendwie glaubte sie, bei Menschen...slips hätte dieses Teil mehr Probleme gemacht, bei den für Mobianer war soetwas berücksichtigt.
Auf diese kurze Exkursion in die Sanitärwissenschaften ersteinmal ein: Juchee!
Sie nahm so alles war.
Rasus Geruch. Es war dieser Duft frischgewaschenen Haares, irgendwo konnte sie noch etwas vom Abendbrot mitnehmen und da war er auch noch. Der typische Geruch der Inkontinenz-slips, Reika konnte den Erfinder dieses Begriffes nicht genug preisen.
Das weiche Fell Rasus. Sie verglich es nicht mit Seide, er mit dem Fell eines Baby-vikunja. Sie hatte bisher noch nur einmal per Zufall das Glück gehabt eines in den Händen zu halten und...weich war garkein Ausdruck. Rasu fühlte sich genauso an, vielleicht noch besser.
Rasus Atem und Herzschlag. Es war schön zu hören, dass die andere Partei durch die Nähe auch ruhiger wurde. Reika hätte meinen können, sie würde ihre eigenen Probleme zu dem Rythmus von Rasus Herz verschwinden sehen können.
Von sich aus hörte sie noch das weitere Knistern der Slips. Sie wollte jetzt nichts negatives daran wahrnehmen. Versuchte etwas positives daran zu finden.
Genauso wie dieses Gefühl. Da waren keine paar Millimeter Stoff zwischen ihrem Hintern und dem Bett, da war ein ganzes Saugkissen.
Und sie suchte einen positiven Begriff für die Situation.
Sie hatte immer Mut gesucht, immer nach vorne sehen 'müssen'.
Selbst als sie hier in Ray City ankamen, selbst an dieser Stelle, trotz Rasus Hilfe hatte sie sich doch von alleine aufraffen müssen.
"Ich muss alle beschützen."
.
..
...
....
"Ich will beschützt werden."
Was sie an sich roch - Für sich selbst stellte sie nur den feinen Duft des Inkontinenz-slips fest.
Was sie an sich fühlte. Nicht ihr Fell, sondern das einer anderen Person, einer Person an die sie sich anlehnen konnte. Als auch das Gefühl der 'Verpackung' untenrum und ihr Herz welches wieder anfing gegen ihre Brust zu hämmern.
Was sie an sich hörte. Das Knistern und rascheln der Windel bei jeder noch so kleinen Bewegung.
Etwas positives suchte sie.
In Gedanken ging sie nochmal alle von Rasu gesagten Sätze durch die sie mit der momentanen Situation zusammenbringen konnte.
Sie hatte einen Albtraum gehabt, kurz nachdem ihre Mutter gegangen war.
Einen Traum, wo sie sich selbst sah, in einem vom Regen verschlungenen Ray City, etwas, was sie eher als 'Gaunt City' bezeichnen würde.
Dort hatte sie gestanden, in der Ferne, in ihren blutigen Händen ihre Mutter haltend, ihr Blick panisch und doch ein lächeln auf dem Gesicht.
Es war alle Jahre wiedergekommen, so ein Traum. Wo sie selbst stand, das was ihr hier aus den Händen gerutscht war, hatte sie dort selbst vernichtet.
Sie musste immer nach vorne sehen, immer stark sein, damit das keine Wirklichkeit wurde, sie dürfte keine Angst haben, damit sie nicht so wurde.
Wie das Selbst in ihren Träumen, wie diese Reika in der Ferne.
Dann hatte sie tatsächlich gelernt, die Schmerzen zu ignorieren, die durch ihr Verhalten verursacht wurden.
Und jetzt, jetzt stand sie hier, die Schmerzen hatten sie eingeholt durch den Würgegriff Midas.
Sie wusste, dass es nicht die Erfahrung des nahen Todes war sondern etwas anderes.
Sie genoss nicht die 'Scham', sie genoss nicht das 'peinliche', sie genoss wie natürlich Rasu mit dem Problem umgegangen war.
Wie sie ohne Scham, ohne Rückhalt einen Lösungsweg angeboten hatte. Wie sie Reika gewickelt hatte und dann wiederrum sie selbst in einer umgedrehten Situation geführt hatte.
Die Prinzessin, die Reika beschützte, nahm nun im privaten Raum zwei Rollen ein, an erster Stelle 'Liebhaber' an zweiter 'Mutter'.
Zwei Rollen nach denen sich das Mädchen gesehnt hatte.
Etwas positives.
...
Sie öffnete die Augen, ihr Herz hatte nun die Wucht eines Presslufthammers erreicht, wo sie den Schluss erreicht hatte.
Sie lehnte sich etwas von Rasu weg, ihr Blick war auf die Knie, die Hände auf die Beine gelegt, vollkommen verspannt und sie öffnete ein paarmal den Mund.
Beide parteien waren Müde, aber Reika wünschte sich noch eine Sache vor dem Schlafen gehen.
Nagut, zwei.
An erster Stelle stand sich selbst zu überwinden, aber hier kam nur stottern raus.