Ruinen: Ray City

Wer das Glück hatte, die Mädchen während des Kusses zu sehen, ging mit einem Strahlen seinem Streben weiter nach.
Völlig egal ob Mensch, Ratte oder welche Rasse auch immer. Wenn man das seltene Glück hatte, zwei verliebte Mädchen bei einem Kuss zu "erwischen", dann musste man lächeln. Die Reaktion einer Weiblichen Seele lässt sich von meiner Position aus leider nicht beschreiben.

Neid vielleicht?

...

"O~k.. Re~eika~a..."

Rasu schloss sich nur zu gern Reikas Witz an und genoss still das Gefühl von Reika an die Hand genommen worden zu sein.
Gedanken um die umherlaufen Ratten machte sich Rasu so viel, wie du um die Mädchen. Wenn denn wirklich mal eine Ratte einen Moment seiner Zeit opferte, um zu den Mädchen zu schauen, hielt diese höchstwahrscheinlich für Geschwister.

Das oder einem Paar. Was zuerst in den Sinn kam.

...

Auf dem Markt... Der sich im Prinzip über die gesamte Stadt verteilte... Gab es alles. Von einem Käfig für "Kleintier-Hamster", über Gardienenstangen bis hin zu diversen Möbelstücken und sogar einzelnen Airboards.

Die Frage woher sie das hatten war klar. Immerhin lebten die Ratten nicht umsonst unter einer Stadt.

...

Zwischendurch fiel es Rasu schwer die Hände bei sich zu halten... Nicht in Richtung Reikas... Nun gut, das vielleicht auch... Aber vor allem bei kleinen, goldenen Schmuckstücken zuckte es Rasu in den Fingern.

Sie war wieder völlig sie selbst. Sie selbst mit Freundin.

Etwas genommen hat sie allerdings nicht. Sei es nun, dass sie keine Ratten waren oder die Typen es ahnten... So oder so wurden sie fast die gesamte Zeit über von diversen Schwarzroben im Auge behalten.

Obwohl Rasu im Endeffekt dankbar dafür war. Sie wollte Reika nicht in Schwierigkeiten bringen.

...

Nach einiger Zeit blieben sie auf einer ziemlich flachen Brücke stehen, die über einen ziemlich flachen Bach führte. Woher das Wasser kam, interessierte niemanden. Es war da, das reichte.

Rasu hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, aber einfach war es auch nicht...

"Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig ist, "sowas" zu finden."

Bevor Reika antworten konnte, stach Rasu eine weitere Schwarzrobe in's Auge.

"Warte mal, ich geh' mal fragen."

Scham? Keine Spur.
Rasu hatte vor nach Windeln für sich zu fragen. Wie sie selbst gesehen wurde, war ihr egal. Sie wollte aber Reika nicht in Verlegenheit bringen.

Die Füchsin war von der Art der Echse völlig unbeeindruckt.
Im Gegenteil... Je genervter er war, desto mehr Spaß hatte sie an der Sache.

Allein schon sie so "gestellt" zu begrüßen sollte gesühnt werden.

Allerdings musste sie schnell ihr Lächeln unterdrücken, ehe die Echse Verdacht schöpfen könnte.
Zudem wollte sie im Endeffekt ja was von ihm...

...

Rasu seufzte, als sie ihre "Pläne" herunter schluckte und sich als "braves" Mädchen an die Schwarzrobe wandt.
Dass der die gesamte Zeit auf eine Antwort gewartet hatte, tröstete sie allerdings. Ein bisschen.

"Äh... Hallo, Kerl. Ich möchte wissen ob und wo man Windeln in Tiergröße kaufen kann."

Ausgesprochen, nicht weiter drüber nachdenken.
Tiergröße war selbstverständlich gängig auf Mobius als Größenangabe für "Mobianer".

"Danke Kerl", antwortete die Füchsin unwirsch und versuchte die Wegbeschreibung in Gedanken zu wiederholen, während sie zu der im Boden versunkenen Reika zurück kehrte. Im Prinzip verstand Rasu schon warum sie sich schämte...

Allerdings verstand sie nicht wirklich warum sich Reika schämte. Immerhin musste sie nicht selbst danach fragen.

Auf den Blick der Fischkatze hin sprudelte die Wegbeschreibung des "Kerls" aus ihr heraus, während Rasu die Schritte gleichzeitig mit den Fingern abzählte.

"Den Weg runter, Kreuzung links... Treppe runter, Straße entlang, Apothekenschild."

Als das letzte Wort ausgesprochen war, stutzte Rasu kurz... Woher wusste er eigentlich so genau wo man sowas bekam?
Lange drum kümmern tat sie sich allerdings nicht. Es galt Reika aus dem Loch wieder heraus zu bekommen...

Dennoch konnte sich die junge Füchsin ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

"Na komm, meine Kleine. Bald ist alles wieder gut."

Die Füchsin hatte wirklich nicht die geringsten, "gehässigen" Hintergedanken. Wenn ihre Geliebte nicht in's Bett machen wollte und dies nicht bewusst verhindern konnte, dann brauchte sie entsprechend... Windeln.
Sie begriff auch, dass die "starke" Reika sich für die Umstände schämte... Dennoch hatte Rasu einen gewissen... Spaß daran.

Es ging nicht darum Reika zu ärgern! Es war das Gefühl direkt Reikas "empfindliche" Seite ansprechen zu können.
Eben... Zumindest in einem Moment etwas stärker sein zu können, als sie.

Aus dem Blickwinkel der Füchsin.

...

Im Ganzen gefiel Rasu einfach der Gedanke, dass Reika "ihr" kleines Mädchen wäre.

...

Letztendlich war Rasu glücklich, dass sie die gesamte Zeit über die Hand Reikas halten konnte. Unabhänig von dem, was noch kommen würde und dem, was Rasu sich wünschte, war dieser Moment etwas, was nur sie teilten.
Denn Reika vertraute Rasu. Dies wiederum gab ihr den "Mut" über die Situation harmlose Witze machen zu können.

...

Die Stadt selbst wurde von Rasu nicht interpretiert. Sie nahm es so an, wie es war. In der Gewissheit, dass ihr die Stadt mehr und mehr gefiel. Jeder ging seinen eigenen Sachen nach und trotzdem... Wirkte die Stadt wie ein großes Ganzes. Wo wären zwei sich liebende Mädchen besser aufgehoben als in einer Stadt, in der es "nur" die eigenen Gesetze gab?

Als das Schild der Apotheke in Sichtweite kam, drückte Rasu Reikas Hand noch einmal fester. Denn jetzt wurde die Sache langsam real... Sie waren wirklich hier um Windeln für Reika zu kaufen.
So wuchs in der Brust der Füchsin das Gefühl des Stolzes - da sie für Reika da sein konnte - während sich deren Gesichtsfarbe dem Rest ihres Fells anpasste.

Doch als sie dann endlich angekommen war, blieb noch eine letzte Frage offen...

"Hast du eigentlich Geld?"

Rasu würde die Windeln alleine kaufen wollen, doch sie selbst hatte kein Geld.

Die Füchsin war nicht gleich in der Apotheke verschwunden. Da Reika die Erleichterung so deutlich im Gesicht geschrieben stand, musste sich Rasu einfach noch irgendwas einfallen lassen... Die Gehässigkeit der Kleinen zwang sie einfach dazu.

Man musste doch auch was von der Situation haben.

So sah sie noch einmal zu der etwas "verlorenen" Reika zurück und sprach...

"Mama ist gleich wieder da", ehe sie lächelnd durch die Tür schritt.

...

Auf die Stimmlage des Rattenmädchens reagierte Rasu entsprechend.

"Wär's dir lieber ich wär' nicht neu hier?"

Es war eine Frage ohne Hintergedanken. Nur wunderte es Rasu, dass sie ausgerechnet diese Frage als erste stellte.
Allerdings gab das der Füchsin genug Zeit die entsprechenden Windeln zu finden... Schwer versteckt waren sie nicht, gehörten sie ja schon fast (?) zur Standardeinrichtung.

Wenigstens eine Sekunde fragte sich Rasu still, wie viele es wohl gab, sie sowas wirklich brauchten...

Eine Frage, auf die sie wohl keine Antwort kriegen würde, während sie ein Paket zur Kasse trug.

"Du hast Kaugummi im Fell", antwortete die Füchsin trocken und deutete auf den Nacken der Ratte.
Diese - ob sie es glaubte oder nicht - griff aus einem Reflex heraus an die angedeutete Stelle und fand "natürlich" Nichts.

"Da ist nichts", antwortete die Ratte genervt und bereute schon diese Worte ausgesprochen zu haben. Die Antwort der Füchsin war klar.

"Kann man ändern", antwortete Rasu zuletzt und streckte der Ratte in aller Form die Zunge raus.
Wenn sich etwas auf dieser Welt niemals gut verstehen würde, dann wären es 2 freche Mädchen. Dies konnte niemals gut ausgehen. Zum "Glück" aller Beteiligten war die Ratte zu faul und Rasu zu "gierig" darauf Reikas Reaktion zu sehen, als dass jemand wirklich Streit anfangen wollte.

Allerdings war sich Rasu sicher, dass sie Geld haben wollte. So selbstverständlich alles ohne Geld zu nehmen, gefiel ihr nicht. Entweder richtig klauen oder gar nicht.

...

Nichts war von dem "Zoff" übrig geblieben, als Rasu zurück zu Reika kam. Die Tüte war neutral genug und ohnehin zu schwer für die Füchsin, also gab sie sie weiter an die 100%ig, rote Katze.

"Bitte schön. Das sollte erstmal ne Weile reichen."

Sie lächelte ehrlich. Ehrlich und glücklich.

"Jetzt hällt uns nichts mehr davon ab heute zusammen zu schlafen."

"Ach was", schoss es aus der Füchsin.

"Selbst wenn... Dafür bin ich ja da."

Einen Moment lang lächelte Rasu noch, doch dann stutzte sie erneut. Es hatte sie so schnell überkommen, dass sie Reikas Verwirrung gar nicht mehr mitbekam, während sie selbst langsam vorne über kippte.

Erschrocken - aber geistensgegenwärtig - griff Reika nach Rasu...

Die sich allerdings wieder "erholte", noch ehe die Arme der Fischkatze sie erreicht hatten. Dennoch stand Reika natürlich die Sorge in's Gesicht geschrieben.

"Rasu! Was ist los? Was fehlt dir?"

Rasu lächelte schwach, antwortete aber direkt.

"Ich glaube ich..."

Magenknurren.

...

...

...

"Ich hab' zu lange nichts mehr gegessen."

Wann hatte Rasu eigentlich das letzte Mal was gegessen? Es war dieser Moment, in dem Reika das erste Mal realisierte, wie viel Rasu in den letzten Tagen an Gewicht verloren hatte.
Sie war immer schon schlank, aber nun... Wirkte sie richtig dürr.

Die Halle der Ritter... Das schwarze Schloss... Die Mystic Ruins... Die Wüste...

In der Wüste hatte Rasu das letzte Mal was gegessen.
Sie selbst wusste es nicht genau zu erfassen, doch sie starb fast vor Hunger.

Die Füchsin hatte die Augen geschlossen, während sie von der Fischkatze zurück getragen wurde. Sie hatte nicht geschlafen... Doch hatte sie die Nähe, die Situation und die Wärme Reikas so sehr genossen, dass sie nahe dran gewesen war.

Brima löste erneut ein Unbehagen in Rasu aus. Hatte sie nach der Ankunft noch ihren "Schuldgefühlen" die... Schuld daran gegeben, so war jetzt... Einfach nur unangenehm ihn anzusehen.
Es war nicht mal Abneigung. Aber irgendwas sagte der Füchsin, dass sie sich lieber von ihm fern halten sollte.

Allerdings versuchte Rasu dies vor Reika zu verbergen. Was sich nicht als besonders schwer herausstelle, da Rasu ja selbst nicht wusse, wieso sie so empfand. Umso glücklicher war Rasu, dass Brima so schnell wieder verschwunden war.

...

"Mach' dir nicht soviele Gedanken darum", sagte Rasu beruhigend und lächelte.

Sie freute sich, da wiederum Reika etwas mehr lächeln konnte.

...

Hinter der Haustür zeigte Reika Rasu noch einmal den Weg. Die Füchsin hatte keine schlechte Orientierung, hatte sich nur mit der Hausaufteilung noch nicht sonderlich auseinander gesetzt.
Rasu selbst wusste, während sie allein vor der Tür Akis stand, dass sie keine Angst vor ihr hatte. Sie hatte eine positive Ausstrahlung, völlig egal wie sie sich gab.

Einen Moment lang dachte Rasu sogar, dass Aki eine wunderbare Mutter sein würde.

Bevor sie - nach einem zarten Klopfen - eintrat.

Die Augen der Füchsin waren weit aufgerissen. Ihre Gedanken geschärft...

Nichts fallen lassen... Schnell antworten... Zügig arbeiten...
So in etwa sahen ihre Gedanken aus.
Sie hatte im Prinzip nicht die geringste Ahnung wie man "gut" arbeitete oder ein "gutes" Mädchen war... Allerdings schien die Autorität, die von Aki ausging, auch die Art und Weise zu übertragen, die Aki von Rasu erwartete.

...

Im Prinzip.

...

"Rasu. Mein Name ist Rasu...", sagte die Füchsin und brachte die Teller in's Esszimmer. Dort erwartete sie der noch völlig ungedeckte Tisch und eine Reihe von Stühlen... Entsprechend dieser Aufstellung verteilte sie die Teller und eilte zurück in die Küche.

Sollte sich eine Gelegenheit ergeben, würde Rasu schlicht "Danke" sagen wollen. Allerdings wagte das junge Mädchen nicht Aki irgendwie in's Wort zu fallen.

Beim Anblick des Fotos musste die Füchsin einfach lächeln... Zwar verstand sie sofort, dass sich etwas Schreckliches abgespielt haben musste... Aber dennoch hatte sie Recht gehabt. Aki wäre mit Sicherheit eine gute Mutter...

Geworden.

Wieder schlich sich der Begriff "Schicksal" in die Gedanken Rasus... Sie hasste dieses Wort. Sie hatte schrecklich viel unter den Machenschaften Midas' leiden müssen... Dennoch hasste sie dieses Wort weit mehr, als sie ihn jemals hassen könnte.

"Schicksal"... Das einzige Schicksal, das Rasu kennen wollte, war ihr eigener Wille.

...

Die Füchsin konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so verwirrt gewesen war. Es war schlicht und ergreifend die Tatsache, dass Aki einen völlig "normalen" Satz ausgesprochen hatte.
Obwohl es wohl weniger die Tatsache an sich war, sondern eher, dass sie es für Rasu gemacht hatte.

Dabei hatte Rasu schon angefangen zu glauben, Aki möge sie nicht. Dieser Gedanke hatte sich in das absolute Gegenteil umgewandelt.

Rasu holte sich schnell noch mehr von den "wartenden" Sachen um zurück zu Aki gehen zu können. Sie hatte rennen wollen, doch war nicht genau deswegen von ihr angemeckert worden? Rennen verboten. So einfach war das.

Bei der ersten Gelegenheit ergriff Rasu dann das Wort...

"Vi... Vielen D... Dank, dass du uns... Mich hier wohnen lässt."
Übersetzung: Es tut mir leid was passiert ist.

"Die Stadt ist wirklich wunderschön!"
Übersetzung: Du hast die Stadt wirklich "genial" hinbekommen!

"Es ist schön, endlich wieder unter normalen Tieren zu sein."
Übersetzung: Yeah~ Wir sind hier alle gleich verrückt.

Die Füchsin stockte erneut.

"Brima hat was erzählt?"

Sie setzte sich allerdings sofort wieder in Bewegung, als Reika in den Raum schritt. Deswegen und aus Angst, eine "Predigt" aus Akis Richtung zu bekommen. Die Autorität war eben auch unausgesprochen spürbar.

Was Rasu allerdings "wirklich" Sorgen bereitete war die Tatsache, dass sie sich "ohne Grund" wegem ihm Sorgen machte. Sie kannte ihn nicht und erlaubte sich ebenso wenig ihn aus einer Mutmaßung heraus mit den vergangenen Ereignissen in Verbindung zu bringen.

Hatte er etwas mit Reaver zutun?
Dass vor allem Darkness und Midas ohne andere arbeiteten, hatte sie immerhin schon verstanden.

Aber selbst wenn... Was dann?
Rasu wollte auf gar keinen Fall riskieren, dass Reika sich unnötig Sorgen machte.

...

Natürlich wurde Rasu während ihrer Gedanken nicht langsamer. Fleissig sein, schnell sein... So stellte sie sich zumindest vor in Akis Sinne arbeiten zu können.

...

Wieso beunruhigte er sie nur so? Etwas Vergleichbares hatte sie noch nie zuvor gespürt. Selbst Midas hatte man "angesehen", dass er nichts Gutes im Schilde führte. Aber Brima? Er sah genau so aus wie Reika... Ob es wohl daran lag?

Reikas Bruder konnte doch nicht...

Obwohl...

Hatte nicht auch Reikas Freundin damals auf der Bohrinsel irgendwas seltsames erzählt? Nine hatte ihr gesagt, dass es wohl ein großes Durcheinander deswegen gegeben hat.

Wie es ihm wohl ging? Ihrem "großen Bruder". Rasu hatte den Begriff für ihn ausgesucht, da er auch ein Fuchs war. Wenngleich sie seine Streifen nicht verstand.

...

Rasu sah herüber zu Reika und da sie ihr mit einem Lächeln antworte, schwanden auch viele der Sorgen aus Rasus Körper.
Im Moment war alles gut... Also warum unnötig Sorgen machen?

Immerhin stand eine Sache fest... Auch wenn Rasu das Wort Schicksal verachtete, so musste es doch "Schicksal" gewesen sein, dass sie und Reika sich begegnet waren. Nach der ersten Schlacht gegen Midas in dieser und dann die Schlacht in Midas' Welt... Ausgerechnet in dem Weg zu erscheinen, in dem Reika entlang laufen würde...

Midas... Der Wolf... Knuckles... Diese "ACE-Typen"... Havoc... Darkness... Reaver...

Sie sah keinen Zusammenhang zwischen all den Ereignissen. Doch im Prinzip war sie auch froh darüber gewesen.

Ein leises Seufzen war alles, was Rasu "wirklich" zu allem sagen konnte. So seufzte sie, während die das Besteck neben die Teller legte und natürlich ausgerechnet das letzte Messer fallen lassen musste.

Geschirrtuch her, polieren. Ein kurzer Blick drauf und...

Und...

Einen Moment lang sah Rasu noch das Auge im Spiegelbild des Messers, welches einst von Midas selbst "mit goldenem Glanz" ausgestattet worden war. War es längst wieder zu seiner eigenen Farbe gelangt, so schien es in diesem Moment dennoch in ihr Inneres zu sehen...

Gleichzeitig... Das Licht...

Rasu wurde geblendet, verlor die Sinne... Hörte nichts mehr, sah nichts mehr... Spürte... Etwas anderes.

Einen anderen Ort, eine andere Person. Es war wie damals im Tempel der Wahrheit.

Schmerz. Ein stechender Schmerz im Rücken, den Armen und Beinen. Keine Nadeln, sondern Ecken. Spitze Kanten und Ecken lösten einen unangenehmen Schmerz in ihrem Körper aus... Wenngleich sie sich sicher war nicht ihren eigenen Körper zu spüren...

Oder doch? Sie musste - wer auch immer - definitiv älter sein.

Ein Blick zu Seite... Alle Seite... Der gesamte Boden war mit unzähligen, bunten Edelsteinen übersäät.
Etwas... Was eine unvorstellbare Trauer in ihrem Herzen auslöste.

Das Laden eines Gewehres zog ihren Blick nach vorne...

Dort... Vor einem Tor... Vor eisernen Wänden und unter einer eisernen Decke stand ein oranger Igel. Rasu kannte ihn nicht.
In seinen Armen hielt er ein Gewehr. Auf den ersten Blick ein völlig "normales", weiß/braunes Gewehr. Erst auf den zweiten Blick hin erkannte Rasu an den Seiten des Gewehrlaufes gelbe Edelsteine.

Unruhe... Angst entbrannte in ihrem Inneren...

"Endlich ein brennender Chaossplitter", sprach der Igel ehe er den Abzug betätigte.

...

Der laute Knall und auch das brennende, zerreissene Gefühl eines absoluten Schmerzes in ihrer Brust rissen Rasu aus...
Was auch immer es gewesen war. Sie stand noch immer vor dem inzwischen lecker duftenden Tisch... Hatte noch immer das Messer in der Hand. Sah noch immer ihr eigenes Auge an.

Reika und Aki hatten sich binnen dieses "Etwas" nicht bewegt. Scheinbar war keine Sekunde vergangen...

Doch... Was war das?

Zitternd legte Rasu das Messer neben den Teller und verbot sich jede Reaktion dazu. Keine Träne... Kein Geräusch...

Diesen Moment würde ihr das Schicksal auf gar keinen Fall wegnehmen. Völlig egal was auch immer sie gesehen hatte.

In Gedanken sprach die Füchsin einen leisen Dank aus.
Denn das Erscheinen der anderen hatte sie zwar abgelenkt, aber das Koalamädchen hatte Rasus Gedanken gänzlich beruhigt.

Zudem war in diesem Moment eine Sache wirklich "bewusst" geworden. Sie hatte Angst, dass sie Reika "nur" aus dem Fakt "Sicherheit" lieben würde. Dass sie sich allerdings für die männlichen Mitbewohner überhaupt nicht interessierte, während ihre Wangen ein zartes Rosa nach dem Hinzukommen der Koala geziert hatte, machten ihr dies bewusst:

Sie "stand" definitiv auf Mädchen.

Es war ein Unterschied diesem Gefühl einfach nachzugehen oder es sich "für sich" zu gestehen. Es mochte keinen direkten Unterschied zu den letzten Stunden gemacht haben, doch ihr wurde damit auch bewusst, dass sie Reika wirklich liebte.
Dass sie mit nicht nur zusammen sein wollte, sondern sich dies auch dauerhaft vorstellen konnte.

Nicht nur das... Sondern, dass es Reika genau so ging.

...

Mochte das Aussehen des Koalamädchens ausgereicht haben um Rasu ein wenig erröten zu lassen, so ließ der Blick auf Reika Rasu einfach nur strahlen. Glücklich lächeln.

Rasu "glotzte" so verliebt, dass Reika - als sie dies bemerkte - etwas "bedattert" aus der Wäsche schauen musste.

Litt Rasu an Stimmungsschwankungen?

...

Das Essen war eröffnet. Es gab 2 Optionen:

Option 1: Sich schnappen was da ist und herunter schlingen.
Option 2: Sich schnappen was da ist und es langsam herunter schlingen.

Da Option 2 allerdings auch beinhaltete, dass sie Reika nicht blamierte, schnappte sie sich ein Brötchen, Messer und... Tja was?

So viel zu Essen gab es nicht mal bei ihr zuhause. Sie hatten nie wenig gehabt, aber das?
Da die meisten Dinge allerdings im Moment in anderen Händen waren, griff sich Rasu den Käse... Bestrichen und abbeißen.

...

Hätte man "Genuss" nie wirklich "sehen" können, so konnte man ihn jetzt von Rasus Gesicht ablesen. Dieser Bissen... So "normal" er auch sein mochte... Erfüllte Rasus Geschmacksnerven so sehr, dass sie beinahe einen entsprechenden Laut von sich gegeben hatte.
Den sie - in letzter Sekunde - zurück halten konnte.

Falsche Zeit und vor allem gänzlich falsche Situation.

Kurz: Lecker!

...

Im Augenwinkel sah die Füchsin, dass der Koala die "unterdrückte" Geschichte noch immer unter den Fingernägeln brannte...
Entsprechend freundlich wandt sie sich auch an sie.

"Was ist dir denn eben passiert?"

Viel hätte nicht gefehlt gehabt und Brima würde nun ein 1/2 Brötchen in den Haaren hängen. Dass er sich über das Mädchen lustig machte, fand Rasu ganz und gar nicht amüsant. Vor allem im Thema "Liebe" und "Freund[in]" war die Füchsin im Moment nicht gut zu sprechen.

Im Prizip sind es Mädchen nie, wenn ein "unausstehlicher" Kerl über ein "unschuldiges" Mädchen herzieht.
Der Hunger und - erneut - der Gedanke Reika nicht blamieren zu wollen, hinderten Rasu allerdings an dem Wurf. Trotzdem gefiel Rasu der Gedanke, dass Brima immerhin so "real" war, dass sie ihn überhaupt mit einem Brötchen bewerfen könnte.

Nachdem die Geschwister allerdings dieses eine Wort miteinander ausgetauscht hatten, wurde sich Rasu der Tatsache bewusst, dass das "Mädchen-liebt-Mädchen" letztendlich doch auf die wenigsten zutraf. Entsprechend "sparsamer" wollte sie zukünftig mit solchen Gedankengängen sein.
Aki sah das Koalamädchen als eine Art Tochter.

Ein schöner Gedanke, der Rasu ein erneutes Lächeln bescherte.

...

"Sagt mal", begann Rasu unbewusst zu sprechen...

"Gibt es hier eigentlich ein funktionierendes Telefon?"

Durch den Begriff "Tochter" war sie wieder daran erinnert worden, wie lange sie nicht mit ihrer eigenen Mutter gesprochen hatte...